Veränderung – die Konstante der Zukunft

Nichts bleibt so, wie es einmal war. Das war eigentlich schon immer so, nur dass die Schnelligkeit, mit der sich alles verändert, deutlich zugenommen hat.

Wir erleben häufig Unternehmen, die unter dieser Schnelligkeit wirtschaftlich leiden. Somit ist “Veränderung” negativ besetzt, anstelle einer Chance wird nur das Defizit gesehen.

Wir sind also gefragt, hier einen Wandel zu begleiten, der Vorhandenes aufgreift und Neues wünschenswert macht. Und der vor allem im Blick hat, dass Veränderung in wirtschaftliche Stabilität münden muss.

Was sind unter dieser Voraussetzung wesentliche Eigenschaften eines guten Übergangs?

Veränderungsintelligenz

Wenn die Prozesse nicht mehr linear und damit vorhersehbar sind, bedeutet das: Es wird zunehmend schwieriger, im Voraus richtig zu planen. Und zunehmend wichtiger, flexibel darauf zu reagieren, was während eines Prozesses passiert. Alte, bewährte Vorgehensweisen verlieren ihre Gültigkeit – neue Vorgehensweisen müssen erst eingeübt werden. Und bis sie richtig gut “sitzen”, hat sich vieles wieder verändert … Jede Person innerhalb einer Organisation muss daher nicht mehr NUR lernen, was sich bisher bewährt hat, um ihre Arbeit gut bewältigen zu können. Sie muss nun AUCH lernen, Bewährtes loszulassen, wenn es nicht mehr funktioniert – und das erfordert andere Qualitäten: eine Veränderungsintelligenz, die man in kleinen Schritten üben kann.

Menschen in Veränderungssituationen

Wir Menschen sind echte Experten, was Veränderungen angeht, denn wir verändern uns ja schon unser ganzes Leben lang: vom Kind zum Erwachsenen, vom Schüler zum Studierenden, vom Single zum Elternteil, immer bewegt sich etwas in unserem Leben. Und wir stellen uns darauf ein. Warum sollte es im Berufsleben anders sein? Auch hier müssen Menschen ständig dazulernen – und doch gibt es ein paar wesentliche Unterschiede.

Veränderungsfähig, veränderungswillig?

Wer sich einmal vom Kind zum Erwachsenen verändert hat, kann auf seine Erfahrungen bauen und hat fürs Leben gelernt. Wer Abi gemacht hat, hat es ein Leben lang. Wer aber gestern im Beruf etwas gelernt hat, dem fehlt die Sicherheit, dass dies morgen noch eine Erfahrung ist, auf die er bauen kann – etwa weil die Digitalisierung voranschreitet oder weil sich die gesetzlichen Rahmenbedingungen verändern. Und er wird erst recht verunsichert, wenn sich etwas Gelerntes IMMER WIEDER als unwichtig erweist, z. B. in der Arbeitsweise einer Organisation, in der es alle paar Jahre eine Umstrukturierung gibt. Was die frühere Geschäftsleitung vorgab, ist heute unwichtig geworden … und wer weiß, ob es sich überhaupt lohnt, das zu lernen, was die heutige Leitung vorgibt, denn morgen …?

Auch diese Faktoren entscheiden mit, ob jemand eine Veränderung mitmachen kann und möchte:

  • Die zugebilligte Zeit, um sich an das Neue zu gewöhnen, besonders in der Anfangsphase: Erfolgt Veränderung überfallartig oder steht Zeit zur Verfügung?
  • Das Gefühl, das ihm die Neuerung bringt: Fühlt er sich dadurch gestärkt oder geschwächt? Oder gar überflüssig?
  • Die Praxistauglichkeit: Bringt das Neue eine Arbeitserleichterung oder eine Erschwerung der Arbeitsabläufe?
  • Die Akzeptanz der anderen: Was denken die Kollegen, gehen sie mit oder gehen sie in den Widerstand?

Wie Veränderung gelingt

Ob nun Leitungsebene, Führungskraft oder Belegschaft: Menschen, deren berufliches Umfeld sich verändert, benötigen Zuspruch, um diese gut umzusetzen.

Ein Unternehmer eines seit 100 Jahren inhabergeführten Familienunternehmens formulierte kürzlich sehr treffend und mit voller Inbrunst :”Ich weiß ja selber nicht mehr, wo mir der Kopf steht, wie soll ich da Vorbild sein? Ich will einfach nur wieder Geld auf dem Konto und ein Wochenende ohne change!”

Wie gelingt es also, intelligent auf Veränderungen zu reagieren, ohne selbst den Überblick zu verlieren? Hier finden Sie drei Impulse, mit denen Sie beginnen können:

  • Veränderung fällt Menschen leicht, wenn sie sie wollen – und sehr schwer, wenn sie sie nicht wollen. Machen Sie sich und Ihren Mitarbeitenden klar, welche Vorteile das Neue bringt: für jeden Einzelnen (z. B. Arbeitsplatzsicherheit, mehr Partizipation). Bringt es keinerlei Vorteile? Wieso erwarten Sie dann, dass jemand das voller Elan umsetzt? Da lohnt es sich womöglich, nach einer anderen Lösung zu suchen.
  • Wie langfristig soll geplant werden? Welche Probleme müssen bewältigt werden? Was kommt auf die Belegschaft zu? Gaukeln Sie nicht vor, was nicht ist. Erlauben Sie sich Ehrlichkeit, das schafft auf lange Sicht mehr Vertrauen und lässt auch Schwieriges bewältigbar werden.
  • Mitunter leiden auch Führungskräfte unter Veränderungen, dürfen das aber nicht kommunizieren. Warum eigentlich nicht? Sie sind auch nur Menschen. Das bedeutet nicht, dass das Neue schlecht gemacht wird, aber auch Führungskräfte dürfen zeigen, dass ihnen dies oder jenes zu schaffen macht. Das verbindet.

Stress, Empathie und Arbeitserfolg – sind wir noch arbeitsfähig?

Es gibt unzählige Rezepte, wie wir „fit für die Zukunft“ werden können. Dabei erleben viele Menschen in ihrem Berufsalltag leider oft, dass sie noch nicht einmal fit für die Gegenwart sind. Ihr Arbeitserfolg leidet unter Überforderung und Stress. Warum erweist sich die Arbeit als so überfordernd?

Ein Beispiel:

Vor Kurzem war ich in einem Unternehmen, das in einen harten Konkurrenzkampf eingebunden ist. Der erwartete Arbeitserfolg setzt die Mitarbeitenden unter Dauerdruck und großen Stress. Dadurch kommt es immer wieder zu schwierigen Auseinandersetzungen zwischen einzelnen Personen – auf unterschiedlichen Hierarchieebenen, in unterschiedlichen Abteilungen. Es scheint, als ob „die alle“ nicht verstehen, dass hier erfolgreich gearbeitet werden soll und nicht gestritten …

Zu viele Herausforderungen, die wir nicht schnell, preisgünstig oder perfekt genug erledigen können, setzen uns Menschen unter Stress. Und Stress erzeugt im menschlichen Körper eine Art Notfall-Reaktionskette. Es schrillt der innere Alarm: Hier geht es gefühlt ums Überleben! Das ist zwar sehr praktisch, wenn es wirklich ums Überleben geht. Aber schlecht, um damit arbeiten zu können, besonders da, wo man auf die Zusammenarbeit mit anderen angewiesen ist.

Denn Stress verringert die menschliche Fähigkeit, auf andere eingehen zu können, Rücksicht zu haben und nachzuempfinden, dass andere auch unter Druck stehen. Stress senkt unsere angeborene Fähigkeit zur Empathie, weil wir uns erst einmal selbst retten müssen. 

Was lässt sich verändern?

Um fit für die Gegenwart zu werden, ist es für jedes Unternehmen sinnvoll, den Druck unter den Mitarbeitenden zu senken. Weniger Druck bedeutet weniger Notwendigkeit, erst einmal nur an sich selbst denken und das eigene “Überleben” sichern zu müssen. Das schafft Spielräume, um den Fokus zu verlagern: von eigenen emotionalen Bedürfnissen zum Blick darauf, was die Arbeitsabläufe verbessern könnte. Denn das entlastet ebenso.

Weniger Druck bei den Mitarbeitenden bedeutet:

  • weniger Stress und Emotionalität, mehr Ruhe im Arbeitsumfeld,
  • mehr Zeit für die qualitative Gestaltung der Arbeitsabläufe,
  • mehr Mut für Neuerungen,
  • mehr Fokus auf Kunden, Klienten, Patienten etc.
  • mehr Kapazität für Weiterbildung,
  • mehr Raum für Veränderung, für eine bessere Anpassung an die Gegenwart,
  • und mehr Raum für eine bessere Vorbereitung auf die Zukunft.

Und wie gelingt weniger Druck?

Das kann bedeuten, dass man Bewertungsmaßstäbe verändert – Maßstäbe an Mitarbeiter, an Prozesse oder an beide. Es kann bedeuten, dass man mehr Eigenverantwortung einzelner oder aller Mitarbeiter zulässt. Oder etwas ganz anderes: Etwas, was genau dieses Unternehmen jetzt gerade braucht. Das ist individuell. Was nicht individuell ist: Mit der Abnahme von Stress erhöht sich die Fähigkeit der Menschen, emphatisch zu sein. Und das verbessert die Zusammenarbeit deutlich.

Unser Fazit:

Wenn Sie Veränderungen planen, verbessern Sie zunächst die Zusammenarbeit Ihrer Mitarbeitenden, etwa, indem Sie den Stresspegel reduzieren. Das schafft den nötigen Nährboden für gelingende Prozesse. Umgekehrt gilt: Müssen Sie Veränderungen durchführen auf einem Fundament schlechter Zusammenarbeit, ist die Wahrscheinlichkeit eines Erfolges deutlich geringer.

 

Geld ist ein austauschbarer Faktor

Ein Interview des Verlags Vandenhoeck & Ruprecht mit Dana Haralambie, Akademiegründerin und Dozentin

V & R: Das gemeinsam mit Robert Kebbekus verfasste Buch “Personalmanagement in Familienunternehmen. Fachkräfte finden, halten und fördern” zeigt praxiserprobte Wege zu einem menschengerechten Personalmanagement, das sich bis in die Organisationsentwicklung erstreckt.
Warum haben Sie als Coach ein Buch über Personalmanagement mitverfasst?

Weil ich der Überzeugung bin, dass gutes Coaching, wie es auch im Buch beschrieben wird, elementar wichtig ist, um Mitarbeiter, Führungskräfte und auch die oberste Führungsebene immer wieder neu zu befähigen, die eigenen Ressourcen so gut wie möglich auszuschöpfen und sich nachhaltig zu entwickeln – zum eigenen Besten und auch zum Besten des Unternehmens.

Was verstehen Sie unter »menschengerechtem Personalmanagement«?

Genau das, was das Wort sagt: Es wird den Menschen gerecht, so wie sie sind. Wir arbeiten heute noch sehr oft nach Grundsätzen, die sich nicht am Menschen und seinen Fähigkeiten orientieren – obwohl wir immer mehr Informationen aus der Wissenschaft haben, die uns eindeutig zeigen: Menschen sind nicht vergleichbar mit Maschinen oder Instrumenten. Menschen sind nicht optimierbar, sie müssen sich entwickeln, um besser mit den Anforderungen des Arbeitslebens zurecht zu kommen. Für eine erfolgreiche Entwicklung brauchen wir Zeit, das Interesse der Beteiligten und Ermutigung durch andere. Dann aber fördert diese Entwicklung das Beste zutage, was Menschen zu bieten haben: immer ausgereiftere individuelle Fähigkeiten und einen zunehmenden Anstieg der Eigenverantwortung, verknüpft mit einem immer größeren Erfahrungsschatz und Freude an der Arbeit. Das schafft ein immenses Potenzial an Möglichkeiten, auf das ein Unternehmen zurückgreifen kann. Und das Beste: Die menschengerecht geförderten Mitarbeiter lassen freiwillig und mit Leidenschaft das Unternehmen an ihren Fähigkeiten, Ideen und ihrem Wissen teilhaben. Das bringt große Vorteile – für beide.

Was bedeutet das ganz praktisch, also z. B. für Familienunternehmen?

Es bedeutet einen riesigen Vorteil: Sie können auch bei begrenztem Mitteleinsatz mit den großen Konzernen mithalten, was die Rekrutierung neuer Mitarbeitender und die Pflege des aktuellen Personalbestandes angeht. Ein menschengerechtes Personalmanagement ist nicht teuer, es ist intelligent und sinnvoll – und sehr erfolgreich. Um ein praxisbezogenes Beispiel zu nennen: Mitarbeitende, die ein vernünftiges Gehalt haben, muss man nicht mit immer mehr Gehalt »ködern«, denn so »erzieht« man Mitarbeitende, die nur nach einem einzigen, alles überlagernden Kriterium suchen: der Höhe des Gehaltes.  Wer sich nur deshalb für eine Firma entscheidet, verlässt sie auch schnell wieder, wenn die Konkurrenz mehr bietet. Geld ist ein austauschbarer Faktor. Sinnvoller ist es, nicht austauschbare Faktoren zu fördern: den Stolz auf die eigene Leistung in der Firma; die Würde, die die Position im Unternehmen verleiht; das Interesse an neuen Entwicklungen, an denen man teilhat usw. Diese Faktoren unterstreicht und entwickelt ein menschengerechtes Personalmanagement.

Welches ist für Sie der elementare Faktor im Personalmanagement, bei dem man ansetzen muss?

Personalmanagement ist immer auch Veränderungsmanagement: Entweder müssen neu hinzukommende Mitarbeitende in das Unternehmen und seine Art, zu arbeiten und zu denken, integriert werden. Oder die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter müssen auf neue Herausforderungen eingestellt werden, es sind vielleicht Krisen zu überstehen oder es werden neue Lösungen gesucht, neue Produkte entwickelt oder das Unternehmen geht an neue Märkte. Immer bewegt sich etwas fort von altbewährtem und hin zu unbekanntem neuen Terrain. Die Veränderung ist das beständige Element des Personalmanagements. Eine große Herausforderung, die dadurch noch größer wird, dass sehr unterschiedliche Menschen in einem Unternehmen arbeiten, aber – im besten Fall! – alle an einem Ziel: dass das Unternehmen gedeiht. Um diese Aufgabe gut meistern zu können, ist es sinnvoll, als Unternehmen genau zu wissen, was man will, und dieses Wissen dann auch klar an alle zu kommunizieren, die an der Umsetzung mitwirken sollen. Da ist es sehr vorteilhaft, wenn man »die richtige Sprache« spricht und alle mit ins Boot holen kann. Es ist wichtig, die Zusammengehörigkeit von Personal und Unternehmen nachhaltig zu fördern und Menschen in ihre Eigenverantwortung zurückzuführen, damit sie ein Eigeninteresse daran haben, sich für das Unternehmen einzusetzen, statt dauernd daran erinnert werden zu müssen. Das bedeutet im Klartext: statt immer wiederkehrende Motivationsveranstaltungen und Incentives besser die Förderung der Mitarbeiter-Entwicklung im Blick zu haben. Denn jeder hat ein Eigeninteresse an guter Arbeitsleistung, auf die er stolz sein kann; an einem guten Arbeitsplatz, an dem er sich wohlfühlt; und an guten Arbeitsverhältnissen mit Kollegen und Vorgesetzten, mit denen er einen großen Teil seines Lebens verbringt.

Gelingt all dies, kann es auch zu vorteilhaften »Mitnahmeeffekten« kommen: Eine gute Personalentwicklung verändert unweigerlich auch die Organisationsentwicklung zum Guten – sozusagen als Nebeneffekt.

Was raten Sie einem Familienunternehmen, das sich auf diesen Weg machen will?

Ich würde ihm empfehlen, sich auf seinen eigenen Weg zu begeben, statt den Weg anderer zu beschreiten. Um diesen ganz individuellen Weg zu finden, haben wir einen Basistest für Unternehmen entwickelt, der es durch eine ganze Sammlung von Coachingmethoden jedem Unternehmen ermöglicht, selbst – sozusagen durch »internes Coaching« – zu prüfen: Wo stehen wir gerade? Wollen wir da sein? Wenn ja: Wie geht es weiter? Wenn nein: Was wollen wir ändern – und wie können wir das tun? Ganz einfach, ganz praxisbezogen und sofort einsetzbar. So wird auch dem Unternehmen selbst wieder die Eigenverantwortung über die eigene Entwicklung wiedergegeben, jenseits der Abhängigkeit von »Dauerberatung«.

Worauf bauen Sie dabei?

Jeder Mensch hat Freude an seinen eigenen Ideen, und jeder sehnt sich danach, eine Bedeutung in der Gesellschaft zu haben. Wir wollen alle anerkannt werden – diese urmenschlichen Komponenten kann man auch auf Unternehmen übertragen: Eine Arbeit, bei der wir aktiv mitwirken können, interessiert uns mehr als eine Arbeit, die wir »aufgedrückt« bekommen. Mein Ziel ist es, durch menschengerechte Methoden die Freude der Mitarbeitenden an ihrer Arbeit wiederzuerwecken, das Interesse am gemeinsamen Erfolg – also des Einzelnen und des Unternehmens – zu fördern und so den Weg zu freiwilliger Kooperation zu ebnen. Das fördert die Innovationsbereitschaft und -fähigkeit, die Integrations- und die Lernbereitschaft und auch die Bereitschaft, sein Wissen an die nachfolgenden Mitarbeitenden weiterzugeben.

Frau Haralambie, wir danken Ihnen für dieses Gespräch.